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Vorarlberger Nachrichten

"Wissen, was der Kunde morgen will"

Lustenau Jürgen Duelli und Markus Dillinger, Geschäftsführer der S.I.E (System Industrie Electronic GmbH) sind Wachstum gewohnt. Wie man das intern bewältigt, wie innovativ man sein muss und wieso ...

Lustenau Jürgen Duelli und Markus Dillinger, Geschäftsführer der S.I.E (System Industrie Electronic GmbH) sind Wachstum gewohnt. Wie man das intern bewältigt, wie innovativ man sein muss und wieso Dienstleistungen immer mehr gefragt sind, erzählen sie im Gespräch mit den VN.

 

Gestern wurde Ihr Neubau eröffnet. Was freut Sie daran besonders?

Duelli Mit dem Neubau haben wir die Basis dafür geschaffen, dass wir nun Produktionsflächen haben, die „state of the art“ sind. Unser erstes Gebäude ist 2003 als Tower entstanden und wir haben in verschiedenen Stockwerken produziert, was suboptimal ist. Im alten Gebäude bleibt alles, was Verwaltung und Entwicklung betrifft. Das neue Gebäude ist ausschließlich der Produktion gewidmet.

 

Werden mit der räumlichen Expansion auch zusätzliche Arbeitsplätze entstehen?

Duelli Ja, denn wir wachsen seit Jahren. Im Jahr 2014 hatten wir noch 14 Millionen Euro Umsatz, heuer planen wir mit weit über 25 Millionen Euro. Im neuen Gebäude sind 65 Arbeitsplätze vorgesehen und wir werden heuer 20 bis 22 Mitarbeiter mehr aufnehmen.

 

Viele klagen über einen Fachkräftemangel. Wie finden Sie die begehrten Mitarbeiter?

Duelli Da können wir mitklagen. Wir tun uns besonders bei Spezialistenjobs schwer. Teilweise brauchen wir bis zu neun Monate, um eine Stelle besetzen zu können. Wir bekommen schon gute Leute, aber eben nicht so schnell und nicht so viele.

Dillinger Speziell im Software- und Hardware-Entwicklungsbereich ist es schwierig. Wir haben deshalb Mitarbeiter aus acht verschiedenen Nationen im Haus, von Indien, Irland, Serbien, Deutschland bis Israel.

 

Was sind die größten Herausforderungen, wenn man als Unternehmen in so einem Wachstumstempo fährt?

Duelli Es gibt verschiedenste Herausforderungen. Klar ist, wenn man schnell wächst, hinkt eine Organisation immer hinterher. Das ist ein Thema, an dem wir stark arbeiten. Bei der Qualität gibt es aber keine Kompromisse,  weil wir in den Bereichen Sicherheitsindustrie und Medizintechnik arbeiten. Wenn da die Qualität nicht stimmt, ist man weg vom Fenster.

Dillinger Wir müssen in unseren Projekten sehr viel dokumentieren, müssen Risikomanagement machen. Das Ganze ist einschlägigen Normen unterworfen. Die lassen es gar nicht zu, dass man nicht qualitätskonform arbeitet. Das fordert natürlich und das müssen neue Leute, die aus anderen Branchen zu uns kommen, auch erst lernen. Genauso müssen wir unsere Lieferantenkette im Griff haben, weil die dieselben Themen wie wir einhalten müssen.

 

Reicht es heute, einfach nur ein Produkt zu liefern?

Duelli Der Markt fordert immer mehr, dass wir auch Services anbieten. Früher hat man ein Gerät geliefert, heute wollen sich viele Kunden nicht mehr um Logistik, Dokumentationsunterschiede, Updates, Austausch oder Zulassungsprozesse kümmern. Wir müssen also ein breites Spektrum bieten. Wir haben ein Portfolio von null bis 100 Prozent an Dienstleistungen, die der Kunde in Anspruch nehmen kann. Da sind wir die Einzigen in unserem Verkaufsgebiet, die das volle Repertoire anbieten.

Dillinger Das betrifft auch sämtliche Prozesse. Es gibt Kunden, die wollen die Qualitätszahlen in der Produktion online ablesen können. Da geht es also um eine komplette Digitalisierung von A bis Z. Wir stellen unsere Organisation auf das Thema um. Die ganze Manschaft wird „customer intimacy“-fähig. Das heißt, wir müssen wissen, was der Kunde morgen will. Das muss nicht nur der Vertrieb wissen, sondern dieses Stiften von Kundennutzen muss durchgängig ins ganze Unternehmen.

 

Bedeutet das nicht, in einem ständigen Innovationsstress zu sein?

Dillinger Die Smartphone-Technologie hat vieles geändert. Die ganzen Systeme wecken Begehrlichkeiten, die auch in unseren Produkten münden. Auch die Terrorgefahr ist ein Einflussfaktor. Das Geschäft mit der Cybersecurity boomt.  

Das bedingt hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Diese liegen bei S.I.E im Schnitt bei über 20 Prozent im Jahr.

Duelli Das braucht es. Nicht nur für Investitionen in neue Produkte, sondern auch für die Pflege und Erhaltung bestehender Produkte. Das ist kein unbedeutender Faktor.

 

Seit April ist derawsMittelstandsfonds beteiligt. Warum dieser Schritt?

Duelli Für unser Wachstum brauchen wir einen Partner, der uns unterstützen kann.awshat ein starkes Netzwerk und ist zudem kein strategischer Partner, der im Tagesgeschäft mitredet, sondern ein Investor aus der Finanzecke, der uns unsere Strategie verfolgen lässt.

 

Welche Bereiche sehen Sie künftig als Wachstumstreiber?

Dillinger Die höchste Steigerung sehen wir im HMI-Bereich (Human-Machine-Interfaces), wo es um die Bedienung von zukünftigem Produktionsequipement geht. Dort werden die Stückzahlen steigen und wir können zudem noch mehr Technologie anbieten. Auch der Bereich Custom Solutions wird wachsen, genauso wie der Security-Bereich. Leichtes Wachstum sehen wir im 19-Zoll-Standard-PC-Bereich. Dort drücken die Asiaten herein. Da können wir nur mit unseren zusätzlichen Logistikkonzepten punkten.

Duelli Es gibt unterschiedliche Startpositionen. Custom Solutions ist unser angestammter Bereich, den wir schon lange machen. Dort haben wir bereits eine gewisse Kundenschar und wachsen auf hohem Niveau. Den HMI-Bereich haben wir erst vor zweieinhalb Jahren ins Leben gerufen und der ist damals bei null gestartet.

Gesellschafter der System Industrie Electronic GmbH: S.I.E Holding (89%), awsMittelstandsfonds (11%)Geschäftsführer Jürgen Duelli, Markus DillingerUmsatz 2016 20,5 Millionen Euro (+13,8 Prozent)Mitarbeiter aktuell 125Exportanteil 98,5 ProzentInvestitionssumme Neubau 7,5 Millionen Euro

Markus Dillinger Geboren 15.9.1969Ausbildung HTL-TechnikerLaufbahn Fa. Julius Blum, S.I.E, seit 2017 GeschäftsführungFamilie verheiratet, zwei Kinder Jürgen Duelli Geboren 24. 4. 1963Ausbildung HTL (Elektronik), Exportmanagement (Lehrgang Uni Innsbruck).Laufbahn Bachmann Electronic, ab 2000 Produktionsleitung, ab 2004 Geschäftsführung, seit 2009 Geschäftsführung S.I.EFamilie verheiratet, zwei Kinder Jürgen Duelli hat einen verlockenden Ausblick vom Arbeitsplatz: Er sieht die Berge. Sie sind in der Freizeit sein bevorzugtes Refugium. Ob mit Bike, zu Fuß oder auf Skiern, in den Bergen kann er Kraft schöpfen. Markus Dillinger steht im Winter zwar auch gerne auf Skiern, aber seine Liebe gilt zuvorderst der Technik: Er restauriert mit Leidenschaft alte Motorräder. „Ich arbeite gerne mit den Händen.“

 

Innovation ist die DNA des Unternehmens

Lustenau 13,8 Prozent Wachstum 2016, 22,8 Prozent im Jahr davor und auch heuer sollte sich ein zweistelliges Wachstum ausgehen. Kein Wunder, dass System Industrie Electronic (S.I.E) am Firmensitz im Lustenauer Millennium Park mehr Platz braucht. Am Freitag wurde das neue Gebäude eröffnet, das direkt an das Hauptquartier anschließt. Es umfasst rund 5300 Quadratmeter Nutzfläche, inklusive großzügiger Tiefgarage. Ein Teil der Fläche ist an einen langjährigen Partner des Unternehmens vermietet. Es bleibt also Platz für die weitere Expansion. Und: Mehr Platz bedeutet auch mehr Arbeitsplätze. Der Neubau hat rund 7,5 Millionen Euro gekostet.

S.I.E entwickelt und produziert kundenspezifische Lösungen, eingebettete Computerlösungen und Benutzeroberflächen. Unter anderem werden individuelle Produktideen im Auftrag namhafter Hersteller medizintechnischer Geräte realisiert. Alle Geschäftsbereiche von S.I.E wachsen. Innovation ist der Treiber des Wachstums, quasi die DNA des Unternehmens. Im Jahr 2016 wurden 4,6 Millionen Euro oder 22,4 Prozent des Gesamtumsatzes in Forschung und Entwicklung investiert.